Angeltechnik: Tiefseeangeln

Tiefseeangeln

Angeln in der Tiefsee ist anstrengend, aber dort lauern die dicksten Fische

Natürlich können Sie dicke Fische auch im flacheren Wasser fangen, aber das sind eher erwünschte und erfreuliche Beifänge. Wenn Sie gezielt die großen Fische der jeweiligen Spezies fangen wollen, müssen Sie schon tief runter. Die Fänge kapitaler Fische nehmen mit der Wassertiefe zu.

Tiefseangeln ist definiert als das Angeln jenseits der 200 Meter. Das bedeutet, dass an den Angler und an die Ausrüstung besondere Anforderungen gestellt werden. Wenn die Ausrüstung nichts taugt, werden Sie keinen Fangerfolg haben, weil Ihnen im Drill besagte Ausrüstung um die Ohren fliegt.

Und wenn der Angler körperlich der Anstrengung nicht gewachsen ist oder seine Einstellung nicht zu 100% stimmt, dann hilft auch die beste Ausrüstung nichts, dann ist der Angler das schwache Glied. Dann gibt der Angler auf, obwohl vielleicht sonst alles andere stimmt und er zur rechten Zeit am rechten Ort ist. Fitness und mentale Einstellung sind ebenso wichtige Faktoren, wie alles andere.

Wenn alle Rahmenbedingungen stimmen, haben Sie allerdings auch sehr gute Chancen auf Großfische. Jenseits der 200 Meter lauern Leng, Lumb, Heilbutt und Rotbarsch. Auch den Katfisch finden Sie in der Tiefe, der Blauleng lebt in Wassertiefen ab 300 Metern.

Ausrüstung

Tiefseeangeln ist keine billige Angelegenheit, denn der Angler muss sich auf seine Ausrüstung absolut verlassen können. Sie muss von allerbester Qualität sein, denn wenn Sie Ihren 40 Pfünder schon auf 200 Meter hochgedrillt haben und bekommen einen Rutenbruch, ist das wohl das Ende des Drills und des Fisches, denn die Wahrscheinlichkeit, dass er dann verludert, ist extrem hoch. Wenn Ihnen das Getriebe der Billigrolle um die Ohren fliegt, gilt dasselbe.

Deshalb: kaufen Sie nicht billig, sondern gut!

Die Ruten zum Tiefseeangeln: wählen Sie die Ruten zum Tiefseeangeln so kurz wie möglich, denn jeder Zentimeter mehr erhöht die Hebelwirkung, was das Angeln umso anstrengender macht. Setzen Sie auf eine maximal 2,40 Meter lange 50 lbs Rute, die sehr hart ist und auch auf eine sensible, weiche Spitze verzichtet. Auf die große Distanz bringt Ihnen Sensibilität nichts, in großer Wassertiefe können Sie mit sensibler Spitze nicht unterscheiden, ob Sie einen Biss haben oder einen Hänger.

Die Rollen zum Tiefseeangeln: auch wenn Sie sonst lieber mit der Stationärrolle angeln, in der Tiefsee können Sie das vergessen. Ohne eine sehr gute Multirolle geht es nicht! Nehmen Sie z.B. eine Penn GTI ab 330 aufwärts, eine Penn Senator ab 4/0 oder auch eine ABU Ambassadeur 10000. Welchen Hersteller Sie auch bevorzugen: die Multirolle muss absolut robust sein und ein hohes Schnurfassungsvermögen haben, d.h. sie muss mindestens 600 Meter geflochtener aufnehmen können.

Die Angelschnüre zum Tiefseeangeln: Sie brauchen eine Schnur mit sehr hoher Tragkraft bei möglichst geringem Durchmesser. Je dicker die Schnur ist, desto weniger passt auf die Rolle und desto höher ist der Schnurwiderstand im Wasser beim Driften. Eine 0,25er, maximal eine 0,30er Schnur ist eine gute Wahl. Achten Sie wie gesagt auf eine möglichst hohe Tragkraft und auf ein gutes, dichtes Geflecht.

Die Bleie zum Tiefseeangeln: Sie benötigen eine gute Auswahl an Bleien zum Angeln in der Tiefsee. Nehmen Sie ein Sortiment mit von Bleien ab 500 Gramm bis 1.500 Gramm. So sind Sie für die meisten Driftverhältnisse gerüstet. Achten Sie darauf, dass die Bleie sehr schlank sind (Schleppbleie), denn diese werden von der Strömung weniger angegriffen und verdriftet als birnenförmige oder sonstige mit größerer Angriffsfläche. Sehr gute Dienste leisten auch schlanke Pilker (z.B. Dreikantpilker).

Die Haken zum Tiefseeangeln: in der Tiefsee angeln Sie immer mit Einzelhaken, niemals mit Drillingen. Drillingshaken haben zuviel Wasserwiderstand, was sich vor allem in Veheddern der Montagen bemerkbar macht. Und eine verhedderte Montage fängt keine Fische. Setzen Sie auf sehr stabile Einzelhaken in Größen 5/0 bis 12/0. Ob Sie dabei auf Circle Hooks setzen wollen, ist eine Frage der persönlichen Philosophie und der persönlichen Erfahrungen.

Die Kleinteile zum Tiefseeangeln: je weniger Teile die Montage zum Tiefseeangeln hat, desto weniger potentielle Schwachstellen hat sie. Bei allem, was Sie einsetzen: achten Sie auf allerbeste Qualität. Auch die Kleinteile müssen sich harmonisch in die gesamte Ausrüstung einfügen.

Die Knoten zum Tiefseeangeln: Sie benötigen lediglich zwei Knoten für diese Angelei: den verbesserten Clinchknoten und den Achter-Schlaufenknoten. Üben Sie vorher diese Knoten, so dass Sie diese blind beherrschen und dass Sie diese vor allem perfekt binden können. Denn der Knoten ist immer eine Schwachstelle im Gesamtkonstrukt und wir wollen unsere Montagen doch so stark wie möglich haben.

Die Montagen zum Tiefseeangeln: bauen Sie die Montagen selbst, so haben Sie die größtmögliche Kontrolle über die Art der Montage, über die Qualität der verwendeten Materialien und die Qualität der Knoten. Machen Sie die Montagen so einfach wie möglich, es geht ja lediglich darum, Naturköder nach unten zu bringen.

  • Running-Boom-Montage: der Running-Bomm läuft auf der Hauptschnur, wird zum Haken hin durch einen Wirbel mit Perle gestoppt. An das zweite Öhr des Wirbels knoten Sie (mit dem verbesserten Clinchknoten) die Vorfachschnur in einer Länge von ca. 60 cm mit einem 10/0 Einzelhaken mit leuchtendem Gummitwister am Ende. Der Vorteil dieser Montage liegt darin, dass der Fisch frei etwas Schnur abziehen kann und dass das Blei schnell und einfach gewechselt werden kann, der Nachteil darin, dass diese Montage bisweilen verheddert und das Blei sich in Felsspalten festsetzt. Eine Montage für eher reinen Grund.
  • Schleppmontage: fädeln Sie einen Haken und ein Leuchtgummi (Leuchttwister oder ähnliches) auf die Vorfachschnur und machen mit dem Achter-Schlaufenknoten einen Seitenarm von 30 bis 40 Zentimeter Länge. Ans Ende der Schnur knoten Sie das Schleppblei, daran eine weitere Vorfachschnur mit einem zweiten Haken. Dies ist eine sehr gute Montage bei Untergrund mit geringer Hängergefahr, der Nachteil liegt darin, dass Sie zum Bleiwechsel eine neue Montage anknüpfen müssen.
  • Montage für unreinen Grund: mit zwei Achter-Schlaufenknoten werden zwei Haken (der untere mit Leuchtgummi) an die Vorfachschnur gebunden, ans Ende kommt das Blei. Achten Sie darauf, dass die Schlaufen kurz genug sind, dass sich die beiden Haken nicht berühren können. Die Abstände dazwischen müssen groß genug sein. Sie können das Blei auch mit einer sehr kurzen und vor allem schwächeren Schnur am Schnurende befestigen. So haben Sie eine Sollbruchstelle, falls sich das Blei festsetzt.
  • Montage zum Agressiv-Angeln: knoten Sie einen Dreikantpilker ohne Haken ans Ende der Vorfachschnur und knapp darüber einen Haken an kurzer Schlaufe. Der Köder muss direkt in Pilkernähe verbleiben. Sie können auch wie beim Speedjigging eine sehr kurze Mundschnur mit dem Haken direkt an der oberen Öse des Pilkers anknoten (Assist Hook). Lassen Sie diese Montage ab, klopfen damit zweimal oder dreimal auf den Boden und warten eine Minute. Klopfen Sie wieder auf den Boden und warten wieder eine Minute und so fort. Damit werden beißfaule Fische neugierig gemacht und hum Anbiss verführt. Vor allem beim Seewolf hat sich diese Methode bewährt.

Die Köder zum Tiefseeangeln: vor allem eines müssen die Köder in der Tiefe sein: geruchsintensiv. In Frage kommen Fettfische wie Makrele und Hering, bewährt haben sich aber auch Köhler und Pollack. Sehr verführerisch sind zwar Flatterfilets, diese verbrauchen sich aber recht schnell am Haken, so dass die Montage häufiger wieder hochgeholt werden muss, um neu bestückt zu werden. Haltbarer sind ganze oder halbe Fische oder eine Scheibe (Kotelette) in Kombination mit einem Stück Filet. So hat man beides: den Duft und die verführerische Flatterwirkung.

Vorfachmaterial zum Tiefseeangeln: setzen Sie als Vorfachmaterial ausschließlich auf kräftige monofile Schnur mit hoher Abriebfestigkeit. Die Schnurstärke liegen dabei zwischen 0,80 und 1,20 Milimeter, diese sollte zwischen 60 und 100 lbs Tragkraft haben. Spezielle Vorfachschnüre mit Abriebschutz gibt es in dieser Liga nicht mehr, Amnesia spielt auch eine Liga darunter. Abhilfe kann schaffen Ersatzschnur für Fadenmäher (also Rasenmäherschnur aus dem Baumarkt). Diese ist speziell auf eine sehr hohe Abriebfestigkeit ausgelegt.

Das Ablassen der Vorfächer in der Tiefsee: „Freilauf rein und ab damit und irgendwann ist der Köder unten“ geht beim Tiefseeangeln nicht. Denn bis der Köder unten ist, ist das Boot auch schon eine gute Strecke verdriftet und damit auch der Köder. Die Schnur geht nicht direkt nach unten, sondern in einer ausgesprochenen Schräglage. Gehen Sie nach dem „Stop and Go“ Verfahren vor: lassen Sie die Montage 50 Meter ab, halten Sie an, um die Montage wieder unters Boot zu holen, lassen wieder 50 Meter ab und so fort. Damit haben Sie den Köder so direkt unter dem Boot wie möglich, damit auch weniger Schnur draussen, damit einen besseren Kontakt und auch einen kürzeren Drillweg, was bei diesen Distanzen nicht zu verachten ist.

Der Anhieb in der Tiefsee: schlagen Sie nicht sofort an, wenn Sie etwas in der Rute spüren, Biss von Hänger zu unterscheiden ist nicht ganz einfach. Ausserdem legen sich viele Fische nach dem ersten Zuschnappen den Happen zurecht, um ihn dann erst zu schlucken. Besonders der Lumb ist ein Kandidat dafür. Wenn Sie zu früh anschlagen, ziehen Sie dem Fisch den Köder wieder aus dem Maul, das ist natürlich nicht Sinn der Sache. Ist der Boden eben, geben Sie nach dem Erstkontakt einige Meter Schnur, warten 20 – 30 Sekunden und nehmen dann vorsichtig wieder Fühlung auf. Warten Sie, bis der Fisch deutlich abzieht, dann können Sie anschlagen oder beim Einsatz von Circle Hooks den Fisch die Schnur straffen lassen, damit der Haken greifen kann.

Der Drill in der Tiefsee: kein wildes Pumpen! Kein schnelles Hochdrillen! Drillen Sie den Fisch sanft und weich, aber konsequent. Zum einen müssen Sie sich Ihre Kraft einteilen, zum anderen müssen Sie darauf achten, dass der Haken nicht ausschlitzt. Beim harten Drill wird sich die Hakenwunde immer weiter vergrößern, bis irgendwann der Widerhaken nicht mehr greift. Dann kann sich der Fisch recht leicht wieder befreien. Ich habe das bereits beim Dorschangeln in nur 30 Meter Wassertiefe erlebt, wenn Angler gute Fische durch zuviel Ungestüm verloren.

Wichtiges Equipment um Angeln in der Tiefsee: wenn Sie im tiefen Wasser angeln, legen Sie immer einen Bauchgurt, einen Gimbal, an. Denn wenn Sie beim langen Pumpen aus mehreren hundert Metern Wassertiefe das Rutenende konstant ins Fleisch bohren, ist das äußerst schmerzhaft. Das kann leicht vermieden werden durch den Eisatz eines Gimbals.

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